Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH Archiv

Der «heisse Sommer» im Lichthof

(Sozarch) F 5107-Na-10-006-007. Bild: Gertrud Vogler, Schweizerisches Sozialarchiv

Der kantonale Erziehungsdirektor Dr. Alfred Gilgen (1930–2018) war in den 1970er und 80er Jahren das Feindbild linker Studierender. Am 6. Juni 1980 liess er einen Videofilm über den Opernhauskrawall wegen «politischer Agitation mit wissenschaftlichem Material» konfiszieren. Diesen Film hatten Studierende des Ethnologischen Seminars im Rahmen des Projekts «Community Medien» gedreht. Sie filmten als «teilnehmende Beobachter» die Proteste im Rahmen einer Lehrveranstaltung über Jugendkultur. Daraufhin organisierten Arbeitsgruppen, die dem Verband der Studierenden der Universität Zürich (VSU) nahestanden, Protestaktionen an der UZH. Am 30. Juni 1980 gipfelte der Protest in einem «Uni-Streik» in und um das Hauptgebäude: Rund 2000 Studierende forderten den sofortigen Rücktritt des Erziehungsdirektors. Auch an die Vernunft appellierende Infoschreiben des Rektors erzielten keine Wirkung. Im Gegenteil, sie wurden parodiert und für die eigenen Zwecke benutzt.

  • Uni-Streik vor Hauptgebäude, Juni 1980

    (UAZ) E.5.2.32: Uni-Streik vor dem Hauptgebäude im Juni 1980. Bild: unipressedienst

  • Protestaktion im Lichthof, Juni 1980

    (UAZ) E.5.2.32: Protestaktion gegen Alfred Gilgen im Lichthof, Juni 1980. Bild: unipressedienst

Dabei bot sich insbesondere der Lichthof immer wieder als Schauplatz für Protestaktionen an. Eine Aktion stach besonders hervor. Wo sich für gewöhnlich Studierende begegnen, verpflegen und lernen, lag am 25. Juni 1980 ein Sandhaufen verstreut, auf welchem sich Studierende beim gemeinsamen «Sändele», Trommelspiel und Gesang vergnügten und für eine kindergartenähnliche Atmosphäre sorgten. Die Protestaktion wurde von der Arbeitsgruppe «Kindergarten» des FFU (Aktionskomitee für eine freie Uni) lanciert. Die Studierenden fühlten sich vom Erziehungsdirektor wie Kinder behandelt, deshalb wollten sie sich an diesem Tag auch wie solche aufführen. Nebenbei bemerkt: Die drei Kubikmeter Sand konnten die Studierenden mithilfe eines Tricks beschaffen. Sie haben sich diesen auf den Namen eines Universitätsinstitutes liefern lassen unter dem Vorwand, das Balzverhalten der Wanderameisen studieren zu wollen.

(UAZ) E.5.1.057: Flugblatt zur Kindergarten-Aktion im Lichthof

Die Kindergarten-Aktion im Lichthof sorgte für allgemeinen Ärger. Privatpersonen, welche um die korrekte Verwendung der Steuergelder besorgt waren, machten ihrem Unmut in Briefen an Rektor Gerold Hilty (1927–2014) Luft. Auch von Dozierenden und Studierenden wurde die Aktion kritisiert, da durch das Trommelspiel Lehrveranstaltungen gestört wurden. Hilty prüfte den Tatbestand vor Ort mit einem polizeilichen Berater, wobei sie zum Schluss kamen, dass die Aktion als «Studentenulk» abzutun sei, da weder Nötigung noch Sachbeschädigung vorlägen. Zum Streitpunkt wurde hingegen, wer die durch die Aktion entstandenen Kosten tragen muss. Da das FFU dem Verband Studierender an der Universität (VSU) nahestand, wurde die Rechnung für die Zuführung des Sandes an den VSU weitergeleitet. Zusätzlich wurde dem VSU auch eine Samstagsschicht des Reinigungsdienstes in Rechnung gestellt, die notwendig war, um den Sand zu entfernen. Der VSU weigerte sich zunächst die Rechnungen zu begleichen, musste aber schliesslich doch für die finanziellen Folgen der Protestaktion geradestehen.

(Sozarch) F 9049-070: «Uni-Spieltag - Uni Streik» (30.06.1980), Copyright: Videoladen Zürich

Quellen

(UAZ) E.5.1.057 Drucksachen, Anlässe etc. (nicht Presse betreffend)

(StAZH) Z 70 1816 Studentenunruhen: Allgemeine Akten, 1980

(Sozarch) F 9049-070 «Uni-Spieltag - Uni Streik» (30.06.1980)