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Gestählte Körper

  • Konditionstraining des ASVZ, ca. 1980

    (UAZ) E.5.2.17: Konditionstraining des ASVZ, ca. 1980. Bild: Michael P. Schmidt

  • Konditionstrianing des ASVZ, ca. 1980

    (UAZ) E.5.2.17: Konditionstraining des ASVZ, ca. 1980. Bild: Michael P. Schmidt

  • Konditionstraining des ASVZ, ca. 1980

    (UAZ) E.5.2.17: Konditionstraining des ASVZ, ca. 1980. Bild: Michael P. Schmidt

Wenn auch nicht mehr mit der 80er-Jahre-Sportmode, kennen und besuchen fast alle Studierenden einmal den Akademischen Sportverband Zürich (ASVZ). Die Fotografien zeigen das bis heute sehr beliebte und gut frequentierte «Superkondi». Schon früh strotze der ASVZ vor Selbstbewusstsein. Bereits ein Jahr nach seiner Gründung 1940 wurde eine radikale Forderung an die Schulleitung der UZH und ETH gestellt: Ein Sportobligatorium solle eingeführt werden! Alle Studierenden müssten zwei Stunden Turnen und Sport pro Woche nehmen. Wer schwänzt, sei nicht mehr zu den Prüfungen zugelassen.

Der Hintergrund des Anliegens war der Zweite Weltkrieg. In jenen Zeiten würden besonders an Akademiker «in körperlicher Hinsicht erhöhte Anforderungen gestellt». Im Zürcher Student wurde vom Präsidenten der Studierendenschaft 1939 dazu aufgerufen, sich zu einem «lebens- und kampfestüchtigen Menschen zu erziehen». Dazu solle der Körper aus freiem Antrieb gestählt werden. Dieser Aufruf war dem ASVZ allerdings zu moderat, deshalb wurde eine Urabstimmung im Grossen Studentenrat durchgeführt. Doch das Obligatorium war vom Grossen Studentenrat abgeschwächt worden mit Bussen anstelle des Prüfungsverbots für die Schwänzer des Turnunterrichts. Äusserst knapp wurde diese Vorlage von den Studierenden angenommen. Ein abruptes Ende fand die Vorlage dann aber im Senat der Universität Zürich. Die Professorenschaft argumentierte, dass ein Sportobligatorium der akademischen Freiheit und somit dem Geist der Universität widerspreche. Das Verantwortungsbewusstsein der Studierenden werde gestärkt durch den freien Entscheid und nicht durch eine Pflicht.

Nach diesem definitiven Entscheid war für den ASVZ das Thema schnell erledigt – der Mangel an Sportlehrern hätte sowieso einige Komplikationen für das Durchsetzen eines Obligatoriums mit sich gebracht. Grundsätzlich waren sich der ASVZ und die Hochschulleitungen der UZH und der ETH auch einig: Das Angebot und die Infrastruktur für den freiwilligen Sport solle gefördert werden. Die erste ASVZ-Sportanlage Fluntern wurde jedoch erst 1974 eröffnet. In rascher Folge entstanden dann auch weitere Turnhallen und der ASVZ wurde auch ohne ein Obligatorium zu einem Erfolg.

(UAZ) E.5.2.11: Startschuss an der SOLA-Stafette, Mai 1980. Bild: unipressedienst

Heute werden im ASVZ alle denkbaren Sportarten angeboten: Von Pfeilschiessen über Superkondi zu Kampfsport und Tanzangeboten. Der ASVZ entwickelt das Sportangebot ständig weiter, um die Studierenden, Alumni und Mitarbeitenden zum Mitmachen zu bewegen. Auch Fechten steht zur Auswahl. Dieser Sport wird heute ein bis zwei Mal wöchentlich durchgeführt und wurde früher noch viel mehr praktiziert an der UZH. Bis 1995 wurde der Fechtsport im heutigen Restaurant Uniturm betrieben.

  • Fechtsaal im Uniturm, ca. 1980

    (UAZ) E.5.2.39: Fechtsaal im Uniturm, ca. 1980. Bild: unipressedienst

  • Bauarbeiten Uniturm 1970

    (UAZ) E.5.2.37: Bauarbeiten aussen am Uniturm, August 1970. Bild: unipressedienst

  • Bauarbeiten uniturm aussen 1970

    (UAZ) E.5.2.37: Bauarbeiten aussen am Uniturm, August 1970. Bild: unipressedienst

Bereits 1914 wurde im Turm des Hauptgebäudes ein provisorischer Fechtsaal zur Verfügung gestellt. Der studentische Fechtkampf, auch Mensur genannt, wurde traditionell zwischen zwei Mitgliedern unterschiedlicher Studierendenverbindungen ausgetragen. Kräfte wurden gemessen und die Schmerzempfindlichkeit getestet. Dabei war und ist wichtig: Streitigkeiten sollen auf diese Weise nicht ausgetragen werden. Mehr als um den Sieg ging es darum, die eigenen Affekte zu beherrschen und Haltung bewahren zu können. Im 17. Jahrhundert endeten diese Fechtkämpfe teils tödlich oder mit starken Verletzungen im Gesicht. Mit der Zeit wurden Kopf-, Augen- und Nasenschutz eingeführt, wie auf dem Bild zu sehen ist. Starke Verletzungen konnten damit verhindert werden.

Derweilen blieb der Fechtclub im Turmgeschoss. Regelmässig verlangte man nach besseren Trainingsbedingungen: Der Saal hatte weder Wasser noch Heizung noch eine geeignete Trainingsausstattung. Mehrmals wurden Anträge eingereicht, welche aber in den (Zwischen-) Kriegsjahren aus finanziellen Gründen immer wieder abgelehnt wurden. Ausserdem wurde selbst 1948 immer noch über den Zweck des Raumes diskutiert, da «das Universitätsgebäude nicht zur Unterbringung von sportlichen Lokalen bestimmt ist». 1951 wurde dann der erste Mietvertrag mit den geregelten Trainingszeiten aufgesetzt. Als der Fechtclub jedoch schon 1953 dem Medizinhistorischen Institut hätte Platz machen müssen, sträubte er sich dagegen. In einem Brief an den Rektor der UZH wurde betont, Fechten sei «nicht nur eine der traditionsreichsten Sportarten, sondern ein äusserst geeignetes Erziehungsmittel für die akademische Jugend». Ausserdem erhielten die «jungen Turnlehrer und die Instruktionsoffiziere der Abteilung für Militärwissenschaften der ETH dort ihre obligatorische Ausbildung im Fechten». Dass der Fechtraum so gut frequentiert werde, sei stark durch «die Lage der Übungsstätte» beeinflusst – deshalb seien sie stark auf diesen Raum angewiesen. Der Entscheid zog sich bis 1959 hin, doch er fiel positiv aus: Der Fechtclub durfte bleiben und erhielt endlich die Erlaubnis, den Raum mit geeignetem Boden und Duschen auszustatten. Daraufhin stand der Raum dem Akademischen Fechtclub, der Studentenschaft beider Hochschulen, der Abteilung Sport und Turnen der ETH und einigen Vereinen unter der Leitung von Maître Wolter zur Verfügung.

  • Fechtdemo im Lichthof 1988

    (UAZ) E.5.2.17: Fechtdemonstration im Lichthof 1988. Bild: Kaspar Egger

  • Fechtdemo im Lichthof 1988

    (UAZ) E.5.2.17: Fechtdemonstration im Lichthof 1988. Bild: Kaspar Egger

  • Fechtdemo im Lichthof 1988

    (UAZ) E.5.2.17: Fechtdemonstration im Lichthof 1988. Bild: Kaspar Egger

  • Fechtdemo im Lichthof 1988

    (UAZ) E.5.2.17: Fechtdemonstration im Lichthof 1988. Bild: Kaspar Egger

Ab 1984 wurde der Saal jedoch vermehrt für Anlässe der Philosophischen Fakultät beansprucht. Es mangelte an Platz für Apéros und «die Infrastruktur [des Fechtsaals] wäre sehr gut». Ausserdem wurde in der Planung eines Anlasses der Philosophischen Fakultät erwähnt, dass «die Auslastung des Fechtsaals durch die Fechter […] sehr schlecht» sei. Was zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch als ehrenvoller Sport galt, war in den 1980er Jahren aus der Mode gekommen – vermutlich tummelten sich die Studierenden nun im ASVZ. 1995 wurde der Fechtsaal in den Irchel verlegt, und die Fechttrainings des ASVZ finden immer noch im Irchel statt. 2006 wurde schliesslich das Restaurant Uniturm eröffnet, wo sich heute die Mitarbeitenden der Universität kulinarisch verwöhnen lassen.

Quellen

(StAZH) Z 1118.310 Fechtsaal im Turmgebäude, 1985-1994

(StAZH) Z 70.2060 Fechtsaal im Turmgebäude, 1914-1977

(StAZH) Z 945.499 Raumdisposition des Fechtsaals im Turmgebäude, 1917-1987

(StAZH) Z 70.1569 Akademischer Fechtclub, 1901-1981

Ritter, Adrian: An die Barren! (Rückspiegel), UZH Magazin Nr. 2/2017.